Don Quixote

[249] Noch ein Abenteuer,

Welches Ruhm verspricht;

Siehst du auf dem Hügel

Dort die Riesen nicht?

Turmhoch, mißgeschaffen,

Drohend in den Wind,

Welche anzuschauen

Fast wie Mühlen sind?

Mit Vergunst, Herr Ritter,

Kann ich da nur sehn

Mühlen, die im Winde

Ihre Flügel drehn.


Seien, feiger Knappe,

Deinem stumpfen Sinn

Diese Ungeheuer

Mühlen immerhin;

Hülle sich mit Trugschein

Zauberhaft der Graus,

Findet doch der Ritter

Sich die Riesen aus.

Mit Vergunst, Herr Ritter,

Glaubt's mir, auf mein Wort,

Das sind echte Mühlen,

Auf dem Hügel dort.


Dürft ihr's euch erfrechen,

Haltet mir nur Stand,

Strauß mit euresgleichen

Ist mir Kindertand.

Einer gegen alle,

Falsche Höllenbrut,

Und die Erde trinkt bald

Eures Herzens Blut.[249]

Mit Vergunst, Herr Ritter,

Hört mich doch nur an,

Mühlen sind's, nur Mühlen,

Wie ich schwören kann.


Süße Dulcinea,

Blick auf mich herab!

So der wackre Ritter,

Spornt den Gaul in Trab;

Treibet auf den ersten,

Der da seiner harrt –

Und geschleudert stürzt er

Auf die Erde hart.

Lebt Ihr, guter Ritter,

Oder seid Ihr tot?

Aber tat's mit Mühlen

Euch zu raufen Not?


Sollte wer mich fragen,

Wie man vieles fragt,

Ob es Riesen waren,

Wie der Herr es sagt,

Oder bloße Mühlen,

Wie es meint der Knecht;

Geb ich unbedenklich

Unserm Ritter Recht.

Mit den Herrn es halten,

Bleibt das Klügste noch;

Was von solchen Dingen

Wissen Knechte doch!


Quelle:
Adalbert von Chamisso: Sämtliche Werke. Band 1, München [1975], S. 249-250.
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