[107] Brim blim, klang kling,
Höre, Mädchen, was ich sing!
Sieh mich hier vor deinem Fenster
Lauschend mit der Zither stehn,
In der Stunde, wo Gespenster
Nur und Liebende noch gehn.
Alles ruht im trauten Zimmer,
Nur die Liebe ruhet nimmer.
Brim blim, klang kling,
Was ist die Liebe für ein Ding!
[107]
Stürme brausen durch die Gassen,
Tief verhüllt in Schnee und Eis,
Ach, und doch, kaum kann ichs fassen,
Kalt die Hand, der Busen heiß.
Innre Gluten, wärmt die Finger,
Kühl, o Eis, den Minnesinger.
Brim blim, klang kling,
Was ist die Liebe für ein Ding!
Mutig, wenn ich dich nicht sehe,
Sinn ich aus manch Liebeswort,
Aber kaum in deiner Nähe,
Ist die Sprache eilends fort.
Ferne mutig, nahe blöde?
Kannst du denken, Lieb, so rede!
Brim blim, klang kling,
Was ist die Liebe für ein Ding!
Nur, ergreif ich meine Zither,
Wird das Herz mir weit und groß,
Und das brütende Gewitter
Bricht in hundert Strahlen los.
Ja, mags noch so seltsam klingen,
Reden kann ich nicht, doch singen.
Brim blim, klang kling,
Was ist die Liebe für ein Ding!
Drum, das Saitenspiel in Händen,
Ruf ich kühn zu dir hinauf:
Laß den spröden Sinn sich wenden,
Tu mir Herz und Fenster auf!
Aber still: denn wird sies innen,
Zürnt sie etwa dem Beginnen,
Schilt, daß ichs mich unterfing,
Was ist die Liebe für ein Ding!
Doch was schmäh ich diese Wonne,
Die mein Innres süß bewegt,
Ist die Sonne minder Sonne,[108]
Weil kein Aug ihr Schaun erträgt?
Bleibt, wenn nichts auch übrig bliebe,
Das Gefühl doch, daß ich liebe,
Ach und –
Brim blim, klang kling,
Liebe bleibt ein süßes Ding!
Ausgewählte Ausgaben von
Gedichte
|
Buchempfehlung
Drei Erzählungen aus den »Neuen Dorf- und Schloßgeschichten«, die 1886 erschienen.
64 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.
444 Seiten, 19.80 Euro