5. Szene

[154] Die Vorigen. Sepp kommt mit einem vollen Rucksack herein.


SEPP den Rucksack an der Tür ablegend. Grüß Gott beinand!

LISEI. Grüß Gott!

FÖRSTER. Grüß Gott, bringst ebbes hoam?

SEPP sich die Stirne wischend und an den Tisch tretend. Mei ja, dees is heunt a Flutscherei gwest aufanand. Fünf Aantn hon i und an Roager aa no.


Lisei erschrocken zum Himmel sehend.


FÖRSTER. Ah! dees laß i mir gfalln und hat ebba gar der Roager an goldern Ring am Staandl?

SEPP. Ja, goldern Ring! selli Roaga waarn wohl grecht, der werd nit viel Gold habn, denk i, ho 'n weiter nit ogschaugt. Lebhaft. Aber wißts, daß i 'n Hund schier verlorn hätt mit dem Vogel!

FÖRSTER. Was? den bravn Hektor? waar nit aus! Lisei steht auf und nähert sich zögernd dem Rucksack.

SEPP lebhaft. Sags aa, aber 's hätt nit weit gfeit. Schaugts es is a so ganga. I ho meini Aantn gschoßn ghabt und dunkei gnua is's scho gwest, na denk i, jetz gehst. Und [154] wier i von Scherbn weg bi an etli Schritt, sich i den Roager über mein Kopf streicha. Dees hon i no gsegn, daßs a großer Vogl is und bsinn mi nit lang und schieß auffi. Richti fallt er aba und wies no sei will, nett ins Wasser bei die Felberstauden, wos Gröhret so dick is, wo der ober Bach einarinnt.

FÖRSTER unterbrechend. Was hast denn mit dein obern Bach, der rinnt ja nit eini bei die Felberstaudn, dees is ja 's Moosbachl.


Während dem schleicht Lisei an den Rucksack, zieht den Reiher heraus, erkennt den Ring und ringt die Hände, legt den Reiher heimlich neben den Sack.


SEPP. Nix, Herr Forstner, da seids irri Nimmt Messer und Gabel. da schaugts her, der Girgl muaß sagn, daßs a so is. Sechts dees san die Brunngraabn Zeigt auf den Tisch mit der Gabel die Richtung. Förster und Girgel »Ja, ja«. Jetz dees is der oberi Bach, der vo der Mühl herkimmt Lisei nach den Jägern sehend: »Wan i'n no weiter bringa kunnt, daß s'es nit mirka«. gelts a so? Die andern: »Richti«. und [155] dees is's Moosbachl, dees geht da rei, na wissts es ja, da san die Felberstaudn unds Gröhret, und geht na 's Moosbachl 'n See zua, aber der ober Bach der geht schnurgrad da eina, ja nit, schaugts no selm.


Der Förster und Girgl richten an dem Plan »ja, ja, recht hat er usw.« Indessen nimmt Lisei den Reiher unter die Schürze und macht sachte, auf die Jäger schauend, das Fenster auf, wirft ihn rasch hinaus, macht zu und tritt freudig zitternd in den Vordergrund; halblaut.


Gottlob! heunt suacha s' 'n nimmer in dem Schnee und bis morgn vergrab i 'n scho.

FÖRSTER. Ja recht hat er, i bi an an andern Platz gwesn.

SEPP. No also, da fallt der Roager eini und i schickn Hektor nei drum. I hör da an Umanandpatschn und Rumarbetn aber es kimmt halt koa Hund. I schrei und pfeif, nix! Was is's gwesn, bricht der Hund znachst am Ufer in Eis durch und kon ihm nimmer rausarbetn. Grad hon i's no dersegn und bi am Bauch zuawagrutscht und hon 'n rausgrissn. Abern Roaga hat er oanaweg nit auslassn.

FÖRSTER. No, na is's no guat ganga.

SEPP zu Lisei, die sich dem Tisch wieder genähert hat. Ja Lisei, heunt hast amal 'n Daama brav ghaltn!

LISEI. Solls scho moana, ho viel an Enk denkt.

SEPP fröhlich. Ja all Täg sollts halt a so sei. Na waars a Lebn. Geht nix über d' Jaagerei Singend. »Stehn i aufn Astand in stiller Abndruah«, hoaßtn Burgdorfer sei Liedl.

LISEI. Geh sings, hast es scho lang nimmer gsunga.

FÖRSTER. Ja sings, dees is a schös Gsangl, da brumm i aa mit.

GIRGL. Und i muaß no den Korb min neua Fischzeug einatoa, sunst schneibts ma'n zua.

FÖRSTER. Ja, hon i gmoant, du hastn scho rei.

GIRGL abgehend. Ko nit alls aufamal tragn.


[156] Arie des Sepp.


Stehn i aufn Astand

In stiller Abndruah

Und hör i's brecha staad in Holz,

Wie gern luus i da zua,

Wie bin i gern dabei,


Im Chor repetiert.


Wie lob i mir die drei:

Wald, Wild und Jaagerei!


Ziegt von Feld am Morgn

Der Hirsch mi'n Wildprat ei

Unds funklt in die Tanna drobn

Vom erstn Sunnaschei,

Wie bin i gern dabei,

Wie lob i mir die drei:

Wald, Wild und Jaagerei!


Und jagn d' Hund wie Glöckerln,

Daßs hallt in Berg und Tal,

Da freut mi's Leben, waars wie d'er will,

Es freut mi allemal.

Wie bin i gern dabei,

Wie lob i mir die drei:

Wald, Wild und Jagerei!


Während der letzten Strophe hat sich der Förster dem Sack genähert und die Enten ausgepackt.


FÖRSTER den leeren Sack schüttelnd. Ja wo is denn der Roaga, i sich koan?

SEPP hingehend. Muaß ja drinn sei!

FÖRSTER. Na, nix is da, hastn ebba verlorn?

SEPP. Na, na, hon i 'n Schnabi no rausschaugn segn, wier i 'n Sack rato ho.

[157] LISEI. Daßn ebba gar der Hektor fürt hat, i ho vorhin gmoant, i hättn herinn gsegn.


Während der letzten Rede von Sepp und Lisei trägt Girgl einen flachen Korb herein und auf das Schlagwort des Lisei ruft er, den Reiher im Korb sehend.


GIRGL. Is scho richti, da is er ja der Roaga! Drum is der Hektor draußt a so um den Korb rumgschwaanzlt.

LISEI die Hände ringend. Na, dees is nit zun aushaltn!


Setzt sich und hält ihr Sacktuch vors Gesicht.


FÖRSTER sich dem Korb nähernd. Ja, wie hat ern jetz da außi?

GIRGL. Woaßs nit, i hon 'n halt untern Fenster rumschwaanzln segn und da is mei Korb gstandn, aber was a so a Tier an Verstand hat, legt den Vogl schö mittn eini auf dees Fischzeug!

FÖRSTER den Reiher aufhebend. Ja was is dees, da schaugts den Ring!


Gesang, kanonartig.


FÖRSTER UND GIRGL.

A goldner Ring, a goldner Ring,

Schau der Roaga mitn Ring,

Wann ers lest, da werd er schaugn,

No, der Roaga werd ihm taugn.

LISEI.

Der goldni Ring, der goldni Ring,

Macht mi krank dees golder Ding,

Wann ers lest, da werd er schaugn,

Mir werd schwindli vor die Augn.

SEPP dazwischen.

Ja, es täats ja schier derschrecka,

Sagts was is's, sagts was is's

Was muaß da dahinterstecka,

Sagts was is's, sagts was si's!

SEPP. Was is's denn in Gottsnam, was is denn, Lisei?!

GIRGL ihm die Zeitung gebend und auf den Artikel deutend. [158] Da lesn S'Exllenz, Herr Grafnschwiegersuh, und Halblaut. lassn Se 's Lisei mir.

FÖRSTER nach Lisei sehend. Ko mi zürna dees Diendl und dengerscht dauerts mi, will mir aber nix mirka lassn.

SEPP hat unterdessen mit großer Verwunderung gelesen. Ah so! Geht zu Lisei und sagt mit sanftem Vorwurf. Ja Lisei! moast ebba gar, i möcht a preußischer Liebhaber wern und mein boarischn Schatz verlassn?! Na, Lisei, du bist eh die mei gwest, hast es aa nit sagn wolln und du bleibst die mei und i brauch die Roagagräfin nit. Lisei fällt ihm um den Hals.

[159] FÖRSTER. Brav, Sepp, du bist halt do der recht Mo, sollst es habn 's Lisei und i will nix mehr sagn, als daßs mi freut.

GIRGL. Und i sag aa nix mehr und nimm d' Roagagräfin Dabei nimmt er den Reiher unter den Arm.


Schluß-Arie.


LISEI.

Mei Sepp, du bist scho so viel guat

Und brav wie koana mehr,

Meinoad gern gib i tausedmal

Für di mei Lebn her,

Und hätt i grad no d' Roager all,

Ja all verwünschn mögn,

Jetz solls mi freua, tuar i wo

Den liebn Vogel segn.

ALLE.

Ja d' Lieb, die is scho gschpaßi,

Die hat wohl an Verstand,

Ko alles richtn kluag und fei,

Bringt alles füranand.

SEPP.

Mei Lisei, i hos gsunga wohl,

Daß i a Wilder bi,

Jetz sichst es, daß i wild sei ko,

Und dengerscht nach dein Si.

Und werst es segn, mir hausn aa

Gar raar und prächti zamm,

Trotz alli die a Grafaschloß

Und Grafatitl hamm.

ALLE.

Ja d' Lieb, die is scho gschpaßi,

Die hat wohl an Verstand,

Ko alles richtn kluag und fei,

Bringt alles füranand.


Der Vorhang fällt.


Quelle:
Franz von Kobell: Ausgewählte Werke. München 1972, S. 154-161.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Müllner, Adolph

Die Schuld. Trauerspiel in vier Akten

Die Schuld. Trauerspiel in vier Akten

Ein lange zurückliegender Jagdunfall, zwei Brüder und eine verheiratete Frau irgendwo an der skandinavischen Nordseeküste. Aus diesen Zutaten entwirft Adolf Müllner einen Enthüllungsprozess, der ein Verbrechen aufklärt und am selben Tag sühnt. "Die Schuld", 1813 am Wiener Burgtheater uraufgeführt, war der große Durchbruch des Autors und verhalf schließlich dem ganzen Genre der Schicksalstragödie zu ungeheurer Popularität.

98 Seiten, 6.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang II. Sechs weitere Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.

424 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon