An Fräulein Charlotte von Bauer

[133] Bei Übersendung meiner Gedichte


Laß dich von dem bunten Häuflein

Meiner Herzenskinder grüßen!

Ist darunter auch ein Teuflein,

Schmiegt es sich zu deinen Füßen.

Wenige davon sind munter,

Und die meisten werden kommen

Ernst und mürrisch, Kopf vorunter;

Doch es fehlt auch nicht an frommen.

Aber wenn dir von dem Völklein

Hier die tollen und verwegnen,

Dort leichtfertige begegnen,

Wie verblasne Pfeifenwölklein;[133]

Oder wenn dir meine Kleinen

Plötzlich oft zusammenschaudern,

Gar zuviel vom Tode plaudern,

Wenn sie dir im Hause weinen:

Greife mächtig ins Klavier,

Zauberin im Klangrevier,

All den Braus mit deinen Tönen

Mildmelodisch zu versöhnen.

Könnt ich dann dich still belauschen,

Wie der Töne rasche Wellen

Unter deinen Fingern quellen

Und bewundernd dich umrauschen! –

Quelle:
Nikolaus Lenau: Sämtliche Werke und Briefe. Band 1, Leipzig und Frankfurt a.M. 1970, S. 133-134.
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