Das Feenland

[150] Mit Rosen umweben

Der Sterblichen Leben

Die gütigen Feen;

Sie wandeln und walten

In tausend Gestalten,

Bald häßlich, bald schön.


Da wo sie gebieten

Lacht alles, mit Blüten

Und Grün emaillirt;

Ihr Schloß von Topasen

Ist herrlich mit Vasen

Von Demant geziert.


Von Zeilons Gedüfte

Sind ewig die Lüfte[150]

Der Gärten durchweht;

Die Gänge, statt Sandes,

Nach Weise des Landes,

Mit Perlen besät.


Ambrosiatische

Sind hier in der Frische

Der Grotten versteckt;

Dort blasen im Grünen

Kristallne Delfinen

Tokaier und Sekt.


Den Blüten entflimmert,

Von Früchten umschimmert,

Der Kolibri Schmelz,

Und Nachtigallkehlen

Vom Leman beseelen

Das Badegehölz.


Da flattert, im Scheine

Des Mondes, der kleine

Geflügelte Wicht,

Schlau, wie die Annalen

Cytherens ihn malen,

Mit sanftem Gesicht.


Aus dämmerndem Grunde

Steigt eine Rotunde

Von Jaspis empor,

Die Wände wie Spiegel,

Von Golde die Riegel

Am ehernen Thor.


Da sprudelt im Dunkel,

Erhellt von Karfunkel,

So alt wie die Zeit,[151]

Ein Quell, dessen Tugend

Die Blume der Jugend

Und Schönheit erneut.


Seit Salomo nahte

Dem luftigen Staate

Kein Aeronaut.

Dies hat mir, nach Schriften

In Mumiengrüften,

Ein Sylphe vertraut.


Noch kann ich zu wenig

Von dem, was der König

Der Geister gekonnt;

Sonst wäre zur Stunde,

Zusamt der Rotunde,

Der Quell in Pyrmont.

Quelle:
Friedrich Matthisson: Gedichte, Band 1, Tübingen 1912, S. 150-152.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Schnitzler, Arthur

Der Weg ins Freie. Roman

Der Weg ins Freie. Roman

Schnitzlers erster Roman galt seinen Zeitgenossen als skandalöse Indiskretion über das Wiener Gesellschaftsleben. Die Geschichte des Baron Georg von Wergenthin und der aus kleinbürgerlichem Milieu stammenden Anna Rosner zeichnet ein differenziertes, beziehungsreich gespiegeltes Bild der Belle Époque. Der Weg ins Freie ist einerseits Georgs zielloser Wunsch nach Freiheit von Verantwortung gegenüber Anna und andererseits die Frage des gesellschaftlichen Aufbruchs in das 20. Jahrhundert.

286 Seiten, 12.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.

468 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon