Siebenter Auftritt.

[565] Mops, Corydon, Montan, Silvander, Damöt, Sylvia, Chloe.


MOPS in ordentlicher Schäfertracht laufend.

Herr, geschwind!

SILVANDER.

Was giebts?

MOPS.

Geschwind aufs Boot!

SILVANDER.

Warum? Was treibt uns denn?

MOPS.

Ach! eine große Noth.[565]

SILVANDER.

Was denn für Noth?

MOPS.

Nur fort.

SILVANDER.

Wohin?

MOPS.

Geschwind.

CORYDON.

Zum Teufel!

Was lermt der Narre denn?

MOPS.

Wir müßten

SILVANDER.

Ohne Zweifel

Hat dich ein Wild erschreckt?

MOPS.

Fort, fort, geschwind packt ein!

SILVANDER.

Sprich doch, was willst du denn?

MOPS.

Fort, fort.

SILVANDER.

Hör auf zu schreyn,

Und sage, was du willst.

MOPS.

Ich will, – – daß ihr müßt gehen.[566]

SILVANDER.

Warum?

MOPS.

Man kann schon dort des Feindes Flotte sehen.

SILVANDER.

Hast du sie denn gesehn?

MOPS.

Nein. Doch sie kommt gewiß.

SILVANDER.

Wer sagts denn?

MOPS.

Ich – ich – ich.

SILVANDER.

Ein Narr.

MOPS.

Nein, lest – lies – lies.


Giebt Silvander einen Brief.


SILVANDER liest.

Ja, es ist wahr.

MOPS.

Da sieh,

SILVANDER.

Der Feinde Schiffe kommen,

Und diese Insel wird von ihnen eingenommen.

Jedoch sie kommen erst in zwey, drey Tagen an.

Wir haben Zeit genug; was thust du nun, Montan?[567]

MONTAN.

Ach!

CORYDON.

Ja, der wird nun wohl mit wollichten Armeen,

Dem feindlichen Geschütz beherzt entgegen gehen;

Denn er weicht nicht vom Fleck.

MONTAN.

Ach spotte nicht, mein Freund!

Jetzt, da das größte Glück mich noch zu trösten scheint;

Jagt mich das Glück von hier, wohin es mich getrieben,

Mich, wo michs erst verfolgt, aufs neue zu betrüben.

SILVANDER.

Verzage nicht, du weißt, aus dem, was ich gesagt:

Daß dich kein Unglück mehr vom festen Lande jagt.

Die Sach ist beygelegt, du kannst dort ruhig leben;

Du siehst, uns zwingt die Noth: du mußt dich drein ergeben.

MONTAN.

Ich muß? So will ich auch.

CORYDON.

Das war ein kluges Wort.

MONTAN.

Mein Unglück trieb mich her; mein Glück führt mich nun fort.[568]

SILVANDER.

Man sagte mir, mein Schiff sey noch im guten Stande;

Wir setzen uns darauf und ziehn aus einem Lande,

Das doch für Schäfer nun kein Aufenthalt mehr ist.

CHLOE zu Doris.

Ich seh wohl, keine List ist über Weiberlist.

Du, Doris! dank es mir.

CORYDON.

Wir reisen also morgen?

SILVANDER.

Ja, und ich will sogleich das nöthige besorgen.

MONTAN.

Nun lern ich, daß ein Mensch dem Schicksal nicht entgeht,

Und daß der thöricht ist, der murrt und widersteht.

Mein Schicksal lehrt, man kann an Höfen Heerden

Unglücklich und beglückt, doch nirgends werden.


Corydon winkt, daß warten, und mit ihm lustig seyn sollen.

Darauf singt er folgende Aria.


Durch Sorgen und Grillen

Sein Schicksal erfüllen;

Heißt ohne Verstand,

Sein Leben verwand.
[569]

Im murrischen Herzen

Entspringen nur Schmerzen.

Die edelste Brust

Zeugt Hofnung und Lust.


Wer hat uns das Leben

Zur Strafe gegeben?

Vergnügen und Scherz

Beleben das Herz.


Nach jedem Verse singen die übrigen zusammen folgendes.


Es lebe die Quelle der süssesten Triebe,

Die Liebe, der Gipfel der Wollust, die Liebe!


Hierauf macht ein Schäferballet den Beschluß.


Ende.
[570]

Quelle:
Christlob Mylius: Vermischte Schriften. Berlin 1754, S. 565-571.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Stifter, Adalbert

Nachkommenschaften

Nachkommenschaften

Stifters späte Erzählung ist stark autobiografisch geprägt. Anhand der Geschichte des jungen Malers Roderer, der in seiner fanatischen Arbeitswut sich vom Leben abwendet und erst durch die Liebe zu Susanna zu einem befriedigenden Dasein findet, parodiert Stifter seinen eigenen Umgang mit dem problematischen Verhältnis von Kunst und bürgerlicher Existenz. Ein heiterer, gelassener Text eines altersweisen Erzählers.

52 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.

434 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon