7.

[47] Noch im wollustvollen Mai des Lebens,

Wo die Seele sonst Entschlüsse sprüht,

Fühl ich in der Wärme meines Strebens,

Wie mein Lebenselement verglüht.


Nicht ein Windstoß, ein belebend warmer,

Meine Haare kräuselnd, weht mich an,

Leer und träge schifft ein Tatenarmer

Übern stillen Vater Ozean.


Was ich soll? Wer löst mir je die Frage?

Was ich kann? Wer gönnt mir den Versuch?

Was ich muß? Vermag ich's ohne Klage?

So viel Arbeit um ein Leichentuch?
[47]

Kommt und lispelt Mut ins Herz mir, zarte

Liederstimmen, die ihr lange schlieft,

Daß ich, wie ein Träumer, nicht entarte,

In verlorne Neigungen vertieft.


Quelle:
August Graf von Platen: Werke in zwei Bänden. Band 1: Lyrik. München 1982, S. 47-48.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Gedichte (Ausgabe 1834)
Gedichte
Gedichte. Auswahl.
Wer wusste je das Leben?: Ausgewählte Gedichte
Die schönsten Liebesgedichte (insel taschenbuch)
Gedichte: Ausgabe 1834