Die Nacht

[107] Du verstörst uns nicht, o Nacht!

Sieh! wir trinken im Gebüsche;

Und ein kühler Wind erwacht,

Daß er unsern Wein erfrische.


Mutter holder Dunkelheit,

Nacht! Vertraute süsser Sorgen,

Die betrogner Wachsamkeit

Viele Küsse schon verborgen!


Dir allein sey mitbewust,

Welch Vergnügen mich berausche,

Wann ich an geliebter Brust

Unter Thau und Bluhmen lausche!


Murmelt ihr, wann alles ruht,

Murmelt, sanftbewegte Bäume,

Bey dem Sprudeln heischrer Fluth,

Mich in wollustvolle Träume!

Quelle:
Johann Peter Uz: Sämtliche poetische Werke, Stuttgart 1890, S. 107.
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Sämtliche poetische Werke
Sämtliche poetische Werke. Hrsg. von A. Sauer