Offenbach [1]

[912] Offenbach, 1) Kreisstadt in der hess. Provinz Starkenburg und Hauptort der Standesherrschaft des Fürsten von Isenburg-O.-Birstein, am Main (s. Karte »Umgebung von Frankfurt a. M.«), 92 m ü. M., ist regelmäßig gebaut, hat 7 Kirchen (2 evangelische, eine französische, 2 katholische, eine altkatholische und eine deutsch-katholische) und eine Synagoge, ein fürstliches Schloß, eine Natron-Lithionquelle (Kaiser Friedrichquelle, jährlicher Versand 4 Mill. Krüge) und (1905) mit der Garnison (ein Infanteriebataillon Nr. 168) 58,806 Einw., davon 20,500 Katholiken, 500 Altkatholiken, 1700 Deutschkatholiken und 1400 Juden. O., der erste Fabrikort des Großherzogtums, hat bedeutende Fabrikation von Sattler- und Portefeuillewaren (6000 Arbeiter), Lederwaren (2000 Arbeiter), Schuhwaren (2500 Arbeiter), Gürtler- und Metallphantasiewaren (2500 Arbeiter), Toiletteseifen und Parfümerien (1000 Arbeiter), Lack, Anilin und Anilinfarben (800 Arbeiter), Zelluloidwaren, Posamenten und Besatzartikeln für Damenhüte (3000 Arbeiter), Tabak und Zigarren, Gummi, Metallschrauben und von Vorrichtungen für Elektrizitätsübertragung, Schriftgießerei, Maschinenbau, Herstellung von Patentachsen, Wagenteilen, Luxuswagen u. Schmirgelscheiben, Hosenschneiderei etc. Den Grundstein zu dem großartigen Gewerbebetriebe legten im 17. und 18. Jahrh. französische Einwanderer. Für den Betrieb der gewerblichen Anlagen wurde 1890 eine Druckluftanlage gegründet, die komprimierte Luft von einer Zentralstelle in Röhren durch die Straßen in die Werkstätten führt, um die dort aufgestellten Luftmotoren zu treiben.

Wappen von Offenbach.
Wappen von Offenbach.

Der sehr bedeutende und zum Teil überseeische Handel wird unterstützt durch eine Handelskammer, eine Reichsbanknebenstelle und mehrere andre öffentliche Geldinstitute sowie durch eine ausgedehnte Hafenanlage. Dem Verkehr in der Stadt dient eine elektrische Straßenbahn, die O. zugleich mit Frankfurt a. M. verbindet. Für den Eisenbahnverkehr ist die Stadt Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Frankfurt a. M.-Bebra und O.-Dieburg. O. hat ein Gymnasium, eine Oberrealschule, eine Privatrealschule (Goetheschule), eine Handelsschule, ein Handelslehrerseminar, eine Kunstgewerbe- und gewerbliche Fachschule und ist Sitz des Kreisamts, eines Amtsgerichts, einer Oberförsterei und eines Hauptsteueramts. – O. wird zuerst 970 genannt und lag damals im Banne des Dreieicher Reichsforstes. 1257 kam es an die Herren von Falkenstein im Taunus, 1419 an die Herren von Sayn und die Grafen von Isenburg-Büdingen, 1486 an die Isenburger allein, die 1685 dahin übersiedelten, und nach deren Mediatisierung 1816 an Hessen-Darmstadt. Der gegenwärtige Aufschwung der Stadt, die 1816 erst 6210 Einw. zählte, datiert seit dem Anschluß des Großherzogtums Hessen an den Zollverein (1828). Vgl. Königfeld, Geschichte und Topographie der Fabrik- und Handelsstadt O. (Offenb. 1822); Heber, Geschichte der Stadt O. (Frankf. 1838); Pirazzi, Bilder und Geschichten aus Offenbachs Vergangenheit (Offenb. 1879); Sommerlad, Geschichte des öffentlichen Schulwesens zu O. (das. 1893); Jöst, O. am Main in Vergangenheit und Gegenwart (das. 1901); Hager, Die Lederwarenindustrie in O. (Karlsr. 1905). – 2) (O. am Queich) Dorf im bayr. Regbez. Pfalz, Bezirksamt Landau, am Queich, mit Station Dreihof-Essingen-O. an der Linie Landau-Herxheim der Pfälzischen Eisenbahn, hat eine evangelische und eine kath. Kirche, Seidenwaren-, Malz- und Zementwarenfabrikation, Dampfmühlen und (1905) 2400 Einw., davon 614 Evangelische.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 912.
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